Maria Reimer muss im Leben nochmal umdenken. Im SRH Beruflichen Trainingszentrum Rostock entdeckt sie, welcher Beruf ihr Freude machen könnte. Auf ihrem Weg begleitet sie ihr beruflicher Trainer Ole Napiwotzki, der glücklicherweise nicht nur Tischler, sondern auch Musiker ist. „Ich bekam die Anfrage, ob wir in unserer Werkstatt ein Schlagzeug bauen könnten“, sagt er. Als Schlagzeuger einer Band weiß er, dass Instrumente teuer und vor allem selbstgebaut Raritäten sind. Es ist eine Upcycling-Idee, die ihn begeistert und Teilnehmende in vielerlei Hinsicht fordert.
So wie Maria Reimer, die wesentlichen Anteil daran hat, dass dieses Instrument gut klingt und gut aussieht. „Die Idee, Trommeln für ein richtiges Schlagzeug in Fassbauweise zu bauen, gefiel mir sehr gut und meine Motivation war dementsprechend hoch.“ Gemeinsam recherchierten sie zur traditionellen Bauweise, bei der Holzsegmente, sogenannte „Dauben“, zu einem runden Hohlkörper verleimt werden.
Maria Reimer macht sich Gedanken zu Aussehen und Maßen, fertigt Skizzen auf Papier und digitale Zeichnungen im Programm AutoCAD an. „Wir benötigten präzise Zeichnungen von den drei Trommeln, da die Durchmesser unterschiedlich sein sollten. Ich konstruierte in AutoCAD die Fertigungszeichnungen für die 13 und 16 Zoll-Trommeln und eine 22-Zoll-Bassdrum.“ Beim Fertigen der Trommeln wurden die einzelnen Hölzer aneinander geleimt, sodass zunächst ein annähernd runder Körper entstand. Im Anschluss wurden die Trommelkörper von innen und außen rund gefräst. „Dafür wurden Schablonen benötigt, die ich ebenfalls gezeichnet habe.“
Beim Anbringen der Amati-Spannböckchen, die zum Stimmen der Trommeln benötigt werden, zeigte sich in der Endmontage, dass Distanzstücke benötigt wurden. „Dies konstruierte ich ebenfalls, so dass sie mit einem 3-D-Drucker hergestellt werden konnten“, sagt sie.
Über das Projekt neue Perspektiven finden
Die 25-jährige Maria Reimer aus Rostock kämpft seit ihrer Jugend mit Depressionen. Im SRH Beruflichen Trainingszentrum Rostock testet sie, welche Ausbildung zu ihr und ihren Bedürfnissen passen könnte. Während ihrer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme probiert sie sich in allen Bereichen aus und führt intensive Gespräche mit beruflichen Trainerinnen und Trainern und ihrer psychosozialen Mitarbeiterin, um herauszufinden, welche Interessen und Stärken sie hat. „In meiner Freizeit arbeite ich gern handwerklich und entwerfe beim Spielen mit der Konsole digitale Welten. So konzentrierte ich mich auf den Bereich Handwerk und später die Arbeit mit AutoCad. Da verfestigte sich der Plan, dass eine Ausbildung zur technischen Produktdesignerin etwas für mich sein könnte.“
Nach vielen kleineren Zeichen- und Handwerksarbeiten sind die Entwürfe des Schlagzeugs und der Bauschablonen ihre bisher anspruchsvollsten Aufgaben. Seit September 2024 arbeitete sie mit drei weiteren Teilnehmenden am Instrument. „Diese Aufgaben und das positive Feedback haben mich sehr bestärkt, eine Ausbildung im Bereich technisches Produktdesign anzugehen“, sagt Maria Reimer.
Doch sie ist realistisch – eine Vollzeit-Ausbildung in einem regulären Unternehmen scheint noch zu herausfordernd. Sie wird sich für einen geschützten Umschulungsplatz bei einem geeigneten Bildungsträger bewerben. Maria Reimer ist sich sicher, dass die guten Tagen überwiegen werden und sie psychisch noch stabiler wird. „Ich habe im SRH Beruflichen Trainingszentrum Rostock einige Strategien gelernt und Tipps bekommen, wie ich besser durch schlechte Phasen komme, vor allem im beruflichen Alltag.“
Bekanntlich unterstützt Musik das seelische Wohlbefinden „Natürlich durften wir auf das fertige Schlagzeug auch mal richtig draufschlagen, das war schon ein großartiges Gefühl“, sagt Maria Reimer. Der Tischler Ole Napiwotzki ist stolz auf dieses tolle Ergebnis, das sie gemeinsam geschaffen haben. Und als Musiker ein bisschen neidisch, dass das Schlagzeug nicht in seinem Proberaum steht.