Melanie Schlag-Daniels kann kaum mehr sprechen, als sie die Diagnose erhält: Dysphonie – eine Störung der Stimmbildung. "Ich war für Mitmenschen kaum noch hörbar, konnte an guten Tagen nur flüstern." Selbstverständliche Kommunikation ist nicht mehr möglich, ihre Arbeit in einem Logistikunternehmen muss sie aufgeben. Dazu der zermürbende Kampf gegen das Flüstern und die wachsende Verzweiflung, weil medizinische Behandlungen nicht anschlagen. Mehrfach versuchen Ärztinnen und Ärzte, den für die Störung ursächlichen Spalt zwischen den Stimmlippen operativ zu schließen – erfolglos. "Auch ein Aufspritzen der Stimmlippen, Logopädie, Entspannungs-Maßnahmen oder Stimmheilkur halfen nicht."
Melanie Schlag-Daniels zieht sich immer mehr immer mehr zurück, sie, die ihr Leben lang viel, manchmal zu viel gearbeitet hat, die lebensfroh und gern unter Menschen war, ist nun lieber für sich. "Mich konnte sowieso niemand verstehen. Warum sollte ich mir antun, irgendwo hinzugehen?" Melanie Schlag-Daniels gerät in eine Depression.
Die gebürtige Fränkin hat gesundheitliche Probleme, schwere Krisen und Schicksalsschläge im Leben immer wieder aushalten müssen. Ihre Ärzte schließen nicht aus, dass die Vergangenheit und die damit verbundenen körperlichen und psychischen Belastungen eine Ursache ihrer Dysphonie sind. Es ist wohl ein sehr ungünstiges Zusammenspiel funktioneller und psychosomatischer Ursachsen. Deshalb bleibt dieser Funken Hoffnung, dass die Stimme zurückkehren kann. "Natürlich haderte ich mit meiner Situation, doch ich war irgendwann an dem Punkt, an dem ich mich fragen musste, was aus mir werden soll, was ich trotzdem leisten kann. Ich wollte mein altes Leben zurück."
Großer Wille an Teilhabe
Die Selbstzweifel waren riesig, der Wille wieder am Leben teilzuhaben war es auch, als Melanie Schlag-Daniels im März 2022 in das SRH Berufliche Trainingszentrum Leipzig kommt. Eine Arbeitserprobung und ein Berufliches Training geben ihr Sicherheit, im kaufmännischen Bereich gut arbeiten zu können, insofern Arbeitszeiten angepasst, psychischen Belastungen nahezu ausgeschlossen und Telefonate begrenzt sind. In einem Unternehmen für Verbindungstechnik in Frankenhain fühlt sie sich während eines Praktikums wohl und wird nach ihrem Beruflichen Training im Vertriebsinnendienst fest eingestellt. „Ich war früher Workaholic, in den Gesprächen im SRH Beruflichen Trainingszentrum Leipzig habe ich gelernt, meine Arbeit auf ein Normalmaß zu reduzieren, meine Grenzen zu akzeptieren und vor allem mehr Geduld mit mir zu haben. Das war der Schlüssel zur Besserung.“
Melanie Schlag-Daniels hat während ihrer Zeit im SRH Beruflichen Trainingszentrum Leipzig an Selbstvertrauen, Gelassenheit und besserer psychischer Stabilität gewonnen – und damit zumindest einen Teil ihrer Stimme zurück. „Natürlich gibt immer wieder Rückschläge, aber ich kann mit meiner Erkrankung inzwischen gut umgehen. Das Leben ist es doch wert.“
Foto: Emmi Neumann